Zwei Ideen für Hessen
Von Christoph Weber
BREITSCHEID/SINN. Der hessische Demografiepreis könnte in diesem Jahr nach Breitscheid oder Sinn gehen: Das Gesundheitszentrum in Breitscheid und das Sinner Waldschwimmbad sind unter den Finalisten des 16. Demografiepreises, der diesmal unter dem Motto „Heimat mit Zukunft – Ideen für Hessen“ steht. Um die beiden Einrichtungen, die es unter insgesamt 78 Bewerbern in das Finale geschafft haben, näher kennenzulernen, besuchte Staatssekretär Benedikt Kuhn (CDU) jetzt die beiden Bewerber.
Den Anfang machte der Chef der Staatskanzlei in Breitscheid. Dort wurde er von Investor Torsten Germann, Breitscheids Erstem Beigeordneten Thomas Bechtum (FWG), Pflegezentrums-Leiter Nikolai Fast sowie den Ärzten Christoph Piel und Dr. Michael Saar empfangen. Saar und „sein“ Landarztnetz Lahn-Dill waren im Jahr 2015 mit dem Demografiepreis ausgezeichnet worden.
Staatssekretär spricht von „Pionierarbeit“
Torsten Germann erinnerte an die Geschichte des Gesundheitszentrums – von den ersten Ideen der Ärzte Ende 2017 über den Grundstückskauf 2018 und der Baugenehmigung 2019 bis zur Eröffnungsfeier im August 2020. Am 23. August feiert das Gesundheitszentrum sein fünfjähriges Bestehen.
Germann blickte auf die Zeit zurück, als die beiden örtlichen Arztpraxen in Wohnhäusern betrieben wurden: „Es lief alles so vor sich hin.“ Für den Gusternhainer sei das Projekt eine Berufung gewesen: „Das Haus ist immer wieder gewachsen, weil neue Akteure dazukamen.“ Inzwischen haben sich sogar weitere medizinische Leistungen außerhalb des Zentrums angesiedelt. Und auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist Germanns Projekt mit acht altersgerechten Wohnungen fast fertig. Dieses Angebot sei ursprünglich im Gesundheitszentrum selbst vorgesehen gewesen. Von den acht Einheiten sind bereits sieben vergeben.
Danach konzentrierte sich der Rundgang auf drei medizinische Bereiche. Zunächst besuchte der Gast aus Wiesbaden die beiden parallel laufenden Praxen mit insgesamt neun Ärzten. Von dort ging es auf die andere Flurseite zur Tagespflege.
In der Intensivpflege mit acht belegten Betten und 25 Mitarbeitern für die Versorgung rund um die Uhr zeigten Ingo Ahrens und Gerd Schneider dem Chef der Staatskanzlei ihre Arbeit. Schneider verantwortet den kaufmännischen Bereich, Ahrens die pflegerische Leitung. Ahrens hob die Synergieeffekte des Gesundheitszentrums nicht nur in Bezug beispielsweise auf die Ärzte oder die Apotheke hervor: „Verwandte bringen bei ihrem Besuch auch schon mal Kuchen von unten aus der Bäckerei mit.“
Benedikt Kuhn sprach nach dem Rundgang von einer „tollen Pionierarbeit“: „Gute Gesundheitsversorgung darf keine Frage der Postleitzahl sein. Das Gesundheitszentrum Breitscheid bietet eine Antwort auf die Herausforderungen der medizinischen Grundversorgung im ländlichen Raum. Die Landesregierung unterstützt daher dieses wichtige Projekt und legt einen Schwerpunkt auf gute Rahmenbedingungen für gleichwertige Lebensverhältnisse auch im Gesundheitswesen.“
Auch der Bürgermeister hilft in der Küche mit
Beeindruckt war Kuhn später auch vom Engagement rund um das Waldschwimmbad in Sinn. Dort wurde der CDU-Politiker von Geschäftsführerin Ann-Katrin Sauer in die Geheimnisse des 61 Jahre alten Bades mit dem 20 Jahre alten Förderverein und der vor 15 Jahren gegründeten gemeinnützigen GmbH eingeweiht.
Man habe das Bad im Jahr 2010 von der Gemeinde übernommen, berichtete Sauer. „Wir verwalten alles selbst und arbeiten fast ausschließlich mit Ehrenamtlichen. Nur die Bademeister, die am Beckenrand stehen, werden bezahlt.“ Die Ehrenamtlichen kümmern sich auch um die Reparaturen rund um das 50 mal 17 Meter große Becken mit seinem 5-Meter-Turm.
Das Personal sei Kostenfaktor Nummer eins, mit dem zu Spitzenzeiten mit zehn Helfern bestückten Kiosk werde das Bad „quersubventioniert“. Dort hilft auch Bürgermeister Michael Krenos (parteilos) mit. Seit seiner Wahl zum Rathauschef ist das langjährige Vorstandsmitglied in der Küche aktiv, sodass die Gemeindepolitik dem „Betriebsablauf“ am Ticketverkauf oder an der Kiosktheke nicht in die Quere kommt.
Ann-Katrin Sauer berichtete Kuhn von rückläufigen Besucherzahlen aufgrund eines anderen Freizeitverhaltens und von einem „Teufelskreis“ und „einer Gefahr“, wenn Kinder nicht gut genug schwimmen könnten. Hier will die Badeleitung Kindergärten ansprechen.
„Das Herz des Waldschwimmbads sind die vielen Ehrenamtlichen, die das Bad am Laufen halten. Dank ihnen ist das Waldschwimmbad mit seinen Sport- und Freizeitangeboten ein Dreh- und Angelpunkt des gesellschaftlichen Miteinanders im Ort geworden“, sagte Kuhn.
Sechs Finalisten präsentieren sich am 13. August
Mit dem Demografiepreis zeichnet die Staatskanzlei zum 16. Mal Initiativen aus, die sich den Herausforderungen des demografischen Wandels stellen. Im Fokus steht dabei der ländliche Raum. Gefragt sind „innovative Projekte zur Gestaltung der Herausforderungen des demografischen Wandels im ländlichen Raum“, die sich bereits bewährt haben.
Es gibt sechs Finalisten. Der Sieger erhält 8000 Euro, die beiden Zweitplatzierten je 5000 Euro und die drei Drittplatzierten jeweils 2000 Euro. Unter den Finalisten sind neben den Projekten aus Breitscheid und Sinn auch der Dorfladen Ginseldorf (Marburg-Biedenkopf), die „AuszeitCardPlus“ (Region Nordhessen), „makeIT“ aus Gelnhausen (Main-Kinzig-Kreis) und „Kultura Trails“ der Naturfreunde Egelsbach-Erzhausen (Kreis Darmstadt-Dieburg).
Ernst wird es für die sechs Finalisten am 13. August, wenn sie ihr Projekt vor der Jury präsentieren müssen. Die Preisverleihung findet am 27. August in Wiesbaden statt.